Bürgerfrauen
der Abstimmungsstadt Völkermarkt
 
 

gegründet: 1927

Gründungsobfrau:
Emma Medwed

Obfrauen:
1927-1956
Emma Medwed
1956-1971
Elsa Scheicher
1971-1992
Hedwig Vallentschak
1992-2004
Maria Feinig
2004-2017
Gertraud Sternig
seit 2017
Johanna Ganster

Karitativ, kulturell und gesellschaftlich wollten die Damen ihre Aufgabe sehen, das kulturelle Interesse hatten sie schon vor der Gründung der Gruppe bewiesen, als sie sich tatkräftig einsetzten, um Ersatz für die im Ersten Weltkrieg eingeschmolzenen Glocken anzuschaffen. Der erste Auftritt im gemeinsamen Kleid als Gruppe war dann die Teilnahme an der Feier anlässlich der Goldenen Hochzeit der Familien Spendal und Haimburger.

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Obfrau
Johanna Ganster

 

Gründungsgeschichte: Am 3. August 1927 wurde in Völkermarkt die Bürgerfrauengruppe gegründet. Vorausgegangen war die gemeinsame Mitgliedschaft einiger Bürger-frauen im Glockenkomitee.

Die Überlieferung berichtet, dass die Vorlage des seit der Gründung getragenen (später leicht erneuerten) Bürgerinnenkleides aus dem Besitz der Familie Allemann stammt. Diese betrieb im 19. Jahrhundert eine Seidenraupenzucht, und aus der daraus gewonnenen Seide wurde damals ein Hochzeitskleid angefertigt. Ursprünglich waren alle Kleider schwarz und es wurde die Bodenhaube dazu getragen. Heute bleibt die Farbwahl dem Geschmack der Bürgerfrauen überlassen. Seit 1976 trägt man die Goldhaube mit der schwarzen Masche.

Soziales und gesellschaftliches Wirken: Der soziale Aspekt des Vereins schlägt sich in vielen Aktivitäten nieder. Im Völkermarkter Seniorenheim wird seit dessen Bestehen alljährlich ein Adventnachmittag gestaltet und der Nikolo (die inzwischen schon verstorbene Bürgerfrau Elisabeth Karner) besucht die Kinder der Sonderschule und die Behindertengruppe „Es gibt uns“, um dort seine Gaben zu verteilen. Geht es hier neben den kleinen Geschenken vor allem um die menschliche Zuwendung, so hat die Gruppe auch eine stolze Bilanz bisher getätigter finanzieller Zuwendungen aufzuweisen. Hochwasseropfer in Vorderberg, Vorau und Steyr konnten sich über Geldspenden freuen, unterstützt wurde aber auch immer wieder in spontaner Weise, unbürokratisch und schnell bei besonderen Notfällen. So mancher Schicksalsschlag unverschuldet in Not geratener oder durch Krankheit bedrohter Mitbürger konnte erleichtert werden. Zwei Kinder im SOS-Kinderdorf Moosburg können sich gleich über 29 Bürgerfrauen als Patinnen freuen. Neben einem monatlichen finanziellen Beitrag schenkt die Gruppe ihnen viel menschliche Zuwendung und besucht vierteljährlich das Mädchen und den Buben. Ein jährlicher Ausflugstag führt die Damen mit den Patenkindern zu Kärntner Ausflugszielen und als krönenden Abschluss in den Garten einer Bürgerfrau, wo gegrillt wird und eine Jause den Tag abschließt.

Die kulturellen Tätigkeiten und der dafür getätigte finanzielle Einsatz sind beachtlich. 1979 wurde die Neugestaltung und Renovierung des Brunnens am Kirchplatz finanziert.

Der verwahrloste Weg über den sogenannten „Saurüssel“ (wo einst die Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht standen) wurde im Jahr 1980 instand gesetzt und die alljährliche Pflege von den Damen übernommen. Als kleiner Dank der Stadtgemeinde wurde im Jahr 1982 der Weg in „Bürgerfrauenweg“ umbenannt und mit einer entsprechenden Tafel gekennzeichnet. 1985 wurde die gotische Kreuzblume am Portal des Friedhofseinganges von Sankt Ruprecht auf Kosten der Bürgerfrauen restauriert und in der Folge auch der Durchgang mit dem Kruzifix. 1987 folgte die Renovierung eines Fensters in der Kreuzkapelle der Stadtpfarrkirche St. Magdalena, wofür die Bürgerfrauen den sehr stattlichen Betrag von 20.000 Schilling aufgebracht hatten. Im Jahr 1992, als die Stadtpfarrkirche eine neue Orgel bekam, stellten die Bürgerfrauen erneut einen namhafter Betrag dafür bereit. Auch die Restaurierung der Statue des Heiligen Antonius von Padua wurde 2006 durch Spenden der Bürgerfrauen ermöglicht.

Am 16. Juni 1996 konnte die „Bürgerlust“, ein städtischer Park mit großartiger Aussicht auf den Draufluss und die Karawanken, wieder eingeweiht werden. Auch dies war ein Anliegen und durchgeführtes Projekt der Völkermarkter Frauen. Rund eine halbe Million Schilling wurden dafür aus Vereinsmitteln gezahlt, die bisher höchste Summe, die von den Frauen aufgebracht wurde. Es war ein großartiges Unterfangen, denn neben der Gestaltung des Parkzuganges wurde die Erhaltung des 150-jährigen Baumbestandes gewährleistet, ein Kinderspielplatz angelegt, das Biedermeier-Salettl, die Aussichtsterrasse und der Brunnen restauriert.

Ständige Projekte dieser Art stellen natürlich die Frage nach der Herkunft der finanziellen Mittel. Diese resultieren aus den Mitgliedsbeiträgen, dem alljährlich durchgeführten Osterbasar und dem Christkindlmarkt, die mit großem Aufwand und hohem persönlichem Einsatz der Bürgerfrauen jeweils zu einem Höhepunkt des städtischen Geschehens werden. Der Christkindlmarkt ist aber gleichzeitig ein kulturelles Ereignis, denn dieser ist immer mit einer Ausstellung verbunden. Die große soziale und kulturelle Kompetenz der Bürgerfrauen wurde 1987 mit der feierlichen Verleihung des Stadtwappens durch die Stadtgemeinde Völkermarkt gewürdigt.

Die Teilnahme an kirchlichen und weltlichen Festen in der Gemeinschaft und im Bürgerinnenkleid wurde schon in den Statuten von 1927 festgelegt und ist noch heute ein fester Bestandteil des Vereinslebens. Die Fronleichnamsprozession, Kräutersegnungen, Festtage anderer Vereine oder der im Landesverband der Städtischen Bürger- und Goldhaubenfrauen Kärntens zusammengeschlossenen Gruppen sehen die Damen immer wieder im gemeinsamen Auftreten. Die großen Festzüge in Erinnerung an die Volksabstimmung des Jahres 1920 führen die Damen nach Klagenfurt, um sich dort in den Reigen der traditionsbewussten Teilnehmer einzureihen. Das interne Vereinsleben wird bestimmt durch die monatlichen Treffen und durch die gemeinsamen Ausflüge, welche im In- und Ausland zu historisch und kulturell bedeutsamen Zielen führen.

Das Jubiläumsjahr 2007 wurde mit einer Wallfahrt nach Rom und einer Audienz bei Papst Benedikt XVI. begonnen und fand am 15. September durch die Jubiläumsfeier „80 Jahre Bürgerfrauen der Abstimmungsstadt Völkermarkt“ seinen würdigen Abschluss. Im Rahmen des Festgottesdienstes kam die von Direktor Fritz Grascher 1976 eigens für die Bürgerfrauen komponierte Messe zur Aufführung. Es war ein würdevolles Fest, bei dem durch die Anwesenheit vieler Festgäste aus Politik und Gesellschaft die feste Verbundenheit der Gruppe mit der Abstimmungsstadt Völkermarkt dokumentiert wurde.

Kleid: Das Bürgerinnenkleid ist zweiteilig und wird aus einem einfärbigen in sich gemusterten Seidenstoff in verschiedenen Farben genäht. Es besteht aus einem taillierten Spenzer mit zwei Teilungsnähten im Rücken. Dieser ist hochgeschlossen, mit einem kleinen Stehkragen, der mit einer zarten weißen Spitze besetzt ist. Zugeknöpft wird mit Stoff überzogenen Pressknöpfen oder schwarzen Glasknöpfen. Der Spenzer endet in der Taille mit einem Schößerl und hat seitlich und rückwärts in der Mitte einen Schlitz. Ein Rüschenbesatz, der im oberen Drittel des Rückens in V-Ausschnitt-Form beginnt, verläuft über die Schultern nach vorne und erstreckt sich über das gesamte Vorderteil bis zur Länge des Spenzers, wo er entlang dieser das Schößerl inklusive der Schlitze einfasst. Die Ärmel sind in der Kugel gezogen und enden mit Rüschenbesatz und kleinen Manschetten mit zarter aufgenähter Spitze wie beim Kragen. Die Ärmel werden zusätzlich nach dem Ellenbogen mit Knöpfen und Schlingen eng gehalten.

Das Unterteil ist ein gezogener oder in Falten gelegter Rock mit einem im Futterstoff angenähten ärmellosen Leib (Leibkittel). Etwa 10–12 cm vom Rocksaum entfernt ist rundum zweimal ein Rüschenbesatz aufgenäht. Den Abschluss bildet ein schwarzes Bürstenband im Längensaum. Darunter wird ein weißer Unterrock mit Volant und Spitze getragen.

Zubehör: Weiße Strümpfe mit schwarzen Lederschuhen und weiße gehäkelte Handschuhe sowie der Pompadour aus Kleiderstoff vervollständigen die Tracht. Einheitlich wird der schwarze Rüschenschirm mit Goldgriff und ein schwarzes gehäkeltes Umhängetuch getragen.

Eine Brosche am Kragenabschluss und eine lange Goldkette werden als Schmuck gewählt. Eine rote Nelke mit Rosenkraut und Rosmarin werden ins Knopfloch gesteckt und sollten bei keinem Ausgang fehlen.

Haube: Eine Goldhaube mit Knauf, die auch mit Perlen und Granatsteinen bestickt sein kann, zeichnet die Völkermarkter Bürgerfrau aus. Die Haube ziert eine schwarze Masche mit Bändern.

Text aus: Joachim und Marlies Eichert, Kärntner Bürgerfrauen, Tradition mit neuen Aufgaben, Verlag des Kärntner Landesarchivs, Klagenfurt 2007

 
 
  
 
Landesverband der Städtischen Bürger- und Goldhaubenfrauen Kärntens