Gründungsgeschichte: Auf Betreiben von Franz Koschier wurde im Jahr 1980 nach einigen Versuchen in der Büchsenmacherstadt Ferlach eine Bürgerfrauengruppe gegründet. Anlässlich der 50-Jahrfeier der Stadterhebung von Ferlach am 14. September 1980 konnte von Karla Kramer die Gruppe der Ferlacher Goldhaubenfrauen ins Leben gerufen werden.
Zugleich mit der Jahrestagung des Verbandes der Städtischen Bürger- und Goldhaubenfrauen Kärntens schlossen sich vorerst fünfzehn Ferlacher Bürgerfrauen zusammen, um in Zukunft gemeinsam die Tradition zu leben, sich kulturell und sozial zu engagieren. An die Ferlacher Festtagstracht angelehnt wurde ein gediegenes Bürgerinnenkleid geschaffen. Es entspricht in seiner aufwendigen Verarbeitung mit dem eingelegten weißen Seidentuch, der Silberkette und der goldbestickten Bodenhaube der Vorstellung einer bürgerlichen Festtracht. Die Gruppe wählte diese Form in Zusammenarbeit mit Franz Koschier und Inge Mairitsch, der damaligen Leiterin der Trachtenwerkstätte des Kärntner Heimatwerks. Die Möglichkeit der freien Farbwahl beim Kleid gibt der Gruppe bei gemeinsamen Auftritten ein farbenprächtiges Aussehen. Haube und silberne oder vergoldete Gürtelkette spiegeln den im Rosental geübten Brauch des Häubens und Gürtens wider, durch den die Braut am Hochzeitsabend in den Kreis der verheirateten Frauen aufgenommen wird.
An der Gürtelkette werden Messer, Schere und Schlüssel getragen. Diese symbolisieren die Verantwortung für die Hauswirtschaft und die Schlüsselgewalt, die vor allem Küche und Keller betrifft. Zusätzliches Attribut am Gürtel ist die Nachbildung eines Ferlacher Jagdgewehrs, welches die enge Verbundenheit mit der Büchsenmacherstadt ausdrückt.
Kleid: Das Bürgerinnenkleid ist einteilig und baut auf der Rosentaler bzw. der Ferlacher Festtagstracht auf. Es besteht aus nicht zu dunklen und in sich gemusterten Seidenstoffen in allen Farbtönen.
Das Oberteil mit dem runden und halsfernen Ausschnitt, dessen besondere Zier die breite, vorne rund, hinten aber spitz zulaufende mehrreihige Rüschenpasse ist, wird mit einem eingelegten weißen Seidentuch getragen. Die Ärmel werden in der Kugel in mehreren Reihen gefältelt oder gezogen und verlaufen bauschig bis ins untere Drittel, von wo sie zum Saum hin mit überzogenen Pressknöpfen anliegend gehalten werden. Das Oberteil ist in der Taille im Rücken gerade und läuft vorne spitz aus. Der Haftelverschluss in der vorderen Mitte wird durch eine schmale glatte Leiste überdeckt. Der Rock ist reichhaltig gezogen und knöchellang. Ein Abschlussband (Beserlborte) am Saum schützt die kostbare Seide. Das gesamte Kleid ist gefüttert.
Zubehör: Schwarze Lederschuhe und pastellfarbene Strümpfe, sowie der aus dem Kleiderstoff gefertigte Pompadour und weiße im Lochmuster gestrickte Handschuhe werden getragen. Ein schwarzes gehäkeltes oder gestricktes Wolltuch und ein rüschengeschmückter Schirm vervollständigen die Tracht.
Als Schmuck wird gediegener alter Biedermeierschmuck verwendet. Das Merkmal der Ferlacher Bürgerfrau ist hierbei allerdings die silberne oder vergoldete Gürtelkette. Meist stammt sie aus altem Familienbesitz und wird bereichert durch kunstvoll gearbeitete Schließen, Schlüssel, Messer, Schere und als Besonderheit das für die Büchsenmacherstadt Ferlach charakteristische Symbol des Jagdgewehrs.
Haube: Die Ferlacher Haube ist eine Bodenhaube. Der breite Scheitelteil weist auf dunkler Samtunterlage eine schöne Goldspitze auf, die zusätzliche Goldstickereien zeigt. Der Spiegel (Boden) wird durch eine die Nackennaht überdeckende Goldspitze geteilt und die dadurch entstehenden Seitenteile sind mit stilisiertem Blütenschmuck in Gold bestickt. Mit der hellen Masche und den herabhängenden Bändern bildet die Haube eine stilvolle Kopfbedeckung.
Soziales Denken als Teil des Wirkens: Im jährlichen Zyklus des Vereinslebens der Ferlacher Goldhaubenfrauen gibt es einige, immer wiederkehrende soziale Tätigkeiten. Die Adventfeier für das Ferlacher Altersheim wird von den Bürgerfrauen alljährlich eifrig vorbereitet. Unmengen an Torten werden gebacken, die Backunwilligen können sich vor dieser (im Allgemeinen recht gern gemachten) Arbeit nur durch Geldspenden befreien. Diese Ablösen reichen dann aus, um den für die Feier ebenfalls notwendigen Kaffee und als Draufgabe noch kräftigenden Wein zu besorgen. Für die musikalische Umrahmung dieser netten und bei den Senioren beliebten Nachmittage sorgt der MGV Alpenrose, der somit seine enge Zusammenarbeit mit den Ferlacher Goldhaubenfrauen unter Beweis stellt.
Alljährlich werden aber auch karitative Organisationen mit namhaften Beträgen unterstützt. Die Freiwillige Feuerwehr, die Bergrettung und das Rote Kreuz konnten sich schon über solche Zuwendungen freuen. Kranken und behinderten Kindern wurde durch die finanzielle Hilfe der Ferlacher Goldhaubenfrauen das Dasein wesentlich erleichtert. Es gelang immer wieder Freude in den Alltag der Beschenkten zu bringen. Verlassene und vergessene Gräber auf dem Städtischen Friedhof werden von den Bürgerfrauen gepflegt. Im Gedenken an den großen Rosentaler Maler Hermann Poschinger (1896–1965) ist den Frauen der Gruppe die Pflege seines Ehrengrabes ein besonderes Anliegen.
Kulturelles und gesellschaftliches Wirken: Schon anlässlich der 50-Jahrfeier der Stadterhebung Ferlachs im Jahr 1980 konnte die Gruppe zu den damaligen Feierlichkeiten beitragen. Immer wieder freut sich die Gemeindevertretung bei offiziellen Anlässen, wie z. B. den Besuchen der Partnerstädte über die Anwesenheit der Bürgerfrauen, die mit ihren stilvoll prunkenden Kleidern ein würdiges Bild bieten. Eine stets aufrecht erhaltene und durch gegenseitige Besuche gepflegte Verbindung besteht zu den Goldhaubenfrauen der Stadt Steyr, deren Obfrau Karoline Übleis geb. Hambrusch eine gebürtige Ferlacherin ist.
Zur Villacher Goldhaubengruppe der Kärntner Landsmannschaft besteht seit jeher ein besonderes Naheverhältnis. Im kulturellen Interesse eng verbunden sind die Goldhaubenfrauen mit dem Ferlacher MGV Alpenrose, wovon zahlreiche gemeinsame Auftritte bei gesellschaftlichen und sozialen Anlässen künden. Anlässlich der Feiern zur Erinnerung an den 10. Oktober 1920 reihen sich die Damen der Gruppe gerne in die Ferlacher Vereine ein. Die Fronleichnamsprozession mit dem feierlichen Umzug als einer der kirchlichen Höhepunkte des Jahres ist schon traditionell ein Anlass für das Ausrücken der Damen. Das Landestrachtentreffen, alljährlich von der Kärntner Landsmannschaft organisiert, ist eine gerne angenommene Gelegenheit, andere Trachtenträger des Landes zu treffen und in der Gemeinsamkeit den zahlreichen Zuschauern die Pracht der Tracht vor Augen zu bringen. Auch Besuche bei anderen Gruppen stehen im Jahresprogramm der gesellschaftlichen Ereignisse. Als Erinnerung an die feierliche Gründung der Gruppe findet alljährlich am zweiten Sonntag im September die mittlerweile schon traditionelle Kräuterweihe statt. Goldhauben- und Bürgerfrauen, aber auch Trachtengruppen aus allen Gegenden Kärntens nutzen diesen Tag gerne zu einem Besuch bei den Ferlacher Goldhaubenfrauen.
Text aus: Joachim und Marlies Eichert, Kärntner Bürgerfrauen, Tradition mit neuen Aufgaben, Verlag des Kärntner Landesarchivs, Klagenfurt 2007 |